Ich habe lange überlegt, ob der Begriff Vereinbarkeit eigentlich passt. Geht so… Wie schon in meinem Artikel Vereinbarkeit als Instrument für Arbeitgeber*innen – gerade rund um das Trendthema „New Work“ angekündigt, möchte ich das Thema Wording noch etwas genauer betrachten. Denn als ausgebildete Journalistin beschäftige ich mich schon lange mit Sprache, berufsbedingt. Aber die wirkliche Macht von Sprache, die wird mir erst in den letzten Jahren immer bewusster.
Begrifflichkeiten – Befindlichkeiten
Aus der Erfahrung: Wenn man von Vereinbarkeit spricht, kommt häufig die Nachfrage: Von was und womit? Andererseits fällt vielen kein besserer Begriff ein. Ja, man kann auch “Work-Life-Balance” sagen, wie es Michaela Schonhoeft in ihrem Beitrag “Work-Life-Balance statt Vereinbarkeit? Wenn wichtige Debatten ein Burnout erleiden.” diskutiert. Sie mag in vielen Punkten recht haben. Allerdings ist der Artikel auf Linked in vom 5. Mai 2019 – die aktuellste (!) Quelle ist ein Artikel aus dem Kölner Stadt-Anzeiger aus dem Jahr 2015.
Ohne hier jetzt zu pingelig zu sein: Ja, ich verstehe, dass es um Konzepte geht. Ja, das mag ein Exkurs über Begrifflichkeiten sein. Aber: Seit 2014 hat sich die Welt nochmal sehr verändert. Daher geht es hier nicht weiter um Wortklauberei, sondern um aktuelle Erkenntnisse und hoffentlich gute Gedanken von mir zum Thema Vereinbarkeit. Jawoll.
Um aber auch nicht zu kritisch zu werden: Der Beitrag ist interessant und greift gute Aspekte auf, wie zum Beispiel das komplett andere Verständnis von Work-Life-Balance im asiatischen Raum oder auch in den USA. Das ist für mich also noch ein weiterer Grund, dass ich beim deutschen Begriff „Vereinbarkeit“ bleiben werde.
Integriert oder nebeneinander?
Außerdem: Rein persönlich mag ich den Begriff Work-Life-Balance nicht. Meine Work ist Teil meines Lifes und umgekehrt. Ich mag auch die Bildsprache nicht, die Eltern (leider so oft Mütter) als Jongleure darstellt, die alle Bälle in Luft halten. Ich lebe am besten und glücklichsten, wenn ich mich integriert fühle, wenn alle Aspekte meines Lebens halt mein Leben ausmachen. Und ja, auch Arbeit ist ein Teil, der – nicht unwesentlich – zu meinem Glück beiträgt und zu dieser Einheit, bekannt als „Leben“, gehört. Was nicht heißt, dass ich nicht auch Brotjobs gemacht hätte. Aber eben auch, dass Brotjobs nicht reichen und eben auch nie wirklich gut sind.
Ja, auch hier werden die Buzzwords New Work, War for Talents, Brain Drift und bestimmt noch mehr genutzt. Hey, das ist ein Blog und ich möchte schließlich, dass gelesen wird, was ich schreibe. Also texte ich natürlich auch so, dass Arbeitgeber*innen mich und meine Texte finden. Vielleicht beschäftige ich mich ja noch das ein oder andere mal mit anderen Begrifflichkeiten und überspitzten Formulierungen. Kommt Zeit, kommt Text… In meinem Artikel „Vereinbarkeit als Instrument für Arbeitgeber*innen“ habe ich schon ein bisschen was zu den „neumodischen Begriffen“ geschrieben. So habe ich es auf einer Veranstaltung gehört, die überwiegend von Mittelständlern in der Kölner Region besucht wurde. Alleine diese Bezeichnung hat mich innerlich zucken lassen. Denn ja, man mag dazu eine Meinung haben als Unternehmer*in, wohin sich das alles entwickelt und wie schön einfach es doch früher war… Aber wirklich weiter bringt einen das nicht. Um mal gaaaaanz tief in die Mottenkiste zu greifen:
„Ich glaube an das Pferd. Das Automobil ist eine vorübergehende Erscheinung.“
Kaiser Wilhelm, um 1900 (und ja, es ist nicht sauber zu zitieren und es gibt Zweifel an genau dieser Aussage. Ist aber so schön plakativ und passt so nett…)
Und was sagen wir nun?
Ich bleibe erstmal bei „Vereinbarkeit“. Vielleicht fällt mir ja noch was besseres ein, aber solange nutze ich diesen Begriff. Für Anregungen bin ich offen. Auch für Diskussionen über Definitionen und Konzepte – einfach melden.